Öko oder nicht, der Anbau, die Überproduktion und die Verschwendung von Baumwolle und anderen Natur-Stoffen ist alles andere als umweltschonend. Sicherlich angenehmer im Abbau als irgendwelche Synthetikmaterialien, sind die Wasser-, Menschen- und Maschinenmengen, die es zum Stillen des scheinbaren Bedarfs der Pflanzenprodukte benötigt, nicht besonders nachhaltig – ganz zu Schweigen vom ökologischen Fußabdruck und teils noch immer bedenklichen Arbeitsverhältnissen der Manufakturen.
Um hier Entlastung einerseits, und Innovation andererseits zu liefern, hat das japanische Startup Spiber Inc. eine patentierte Alternative entwickelt. Unter dem geschützten Namen “Brewed Protein” kreiert die Firma, dessen Titel sich aus “Spider” (Spinne) und “Fiber” (Faser) zusammensetzt, eine unkonventionelle, aber höchst-praktische und vielseitig anwendbare Grundlage für Textilien. Diese Grundlage besteht, wie bis hierhin schon klar sein sollte, aus artifizieller Spinnenseide – also dem Material, mit dem die Achtbeiner ihre Netze weben.
Spinnenseide ist eines der robustesten Materialien überhaupt und in vielerlei Hinsicht weitaus kompetenter als menschengemachte Stoffe. Ihrem kannibalistischen Naturell halber ist es allerdings kaum möglich, Spinnen auf die selbe Massen-Art zu halten, wie es bei anderen Tieren, wie beispielsweise Schafen, üblich ist. Aus diesem Grund haben Biotech-Unternehmen wie Spiber eine künstliche Seide entwickelt, deren Bestandteile aus den der Spinnen-DNA-entnommenen Proteinen gewonnen, und dann zu 100%-biologisch-abbaubarer Kleidung verarbeitet werden können.
Zur Geltung kam der breitgefächerte Anwendungsbereich des Brewed Proteins schon in vielzähligen High-End Kollaborationen, darunter mit dem japanischen Modelabel sacai und dem Outdoor-Hersteller Goldwin, die jeweils ein T-Shirt, beziehungsweise Strickprodukte mit den revolutionären Fasern designten.
In ihrer Herstellung ist die Labor-gezüchtete Spinnenseide noch immer recht teuer, und entsprechend noch ungeeignet für den Mainstream-Vertrieb bis in die Fast Fashion Brands hinunter. Mit zunehmenden Erkenntnissen und wachsendem Bekanntheitsgrad ist das aber kein allzu fernes Szenario mehr.
Beweis dafür ist wohl The North Face. Die Bergsport- und Freizeit-Marke hat sich schon an mehreren Projekten mit Spiber probiert und mit einem davon sogar eine Winterjacke, den sogenannten Moon Parka entworfen, dessen äußerste, wind- und wetterfeste Schicht aus dem Brewed Protein besteht und uns einen Blick in die mögliche Zukunft des Materials gewährt.
Bis Unternehmen wie Spiber Inc. aber wirklich soweit sind, dass ihre Technologie massentauglich wird, wird es aber zweifelsfrei noch ein wenig dauern. Bis dahin können wir uns aber weiter an den wesentlich avantgardistischeren, verträumten Interpretationen des neuen Materials ergötzen, wie oben beim Couture-Haus Yuima Nakazato zu sehen, das das Brewed Protein schon seit mehreren Saisons in seine futuristischen Kollektionen einarbeitet. Wer all das weiß überlegt jedenfalls ab sofort mindestens zwei mal ob er oder sie die Spinnen in der Wohnung wirklich im Klo herunterspülen sollte. 😉