Warum kostenloser Hin- und Rückversand gar nicht so toll sind, wie man denkt

Kostenloser Versand Online Shopping Umwelt Nachhaltigkeit Verschwendung
Für alle, die wissen wollen, was wirklich mit zurückgegebenen Sachen passiert, und wie sie sich hier für mehr Nachhaltigkeit einsetzen können.

Dieses Leben im Ausnahmezustand hat uns alle dazu gezwungen, unser Menschsein und unseren Umgang mit dem Planeten mal unter die Lupe zu nehmen – unser Leben und Verhalten vor, während und nach Corona zu hinterfragen. Da wäre zum Beispiel so ein Problem, das ich schon des Öfteren versucht habe, anklingen zu lassen: Vieles in Sachen Verschwendungsökonomie ist ja jetzt, wo Online Shopping ein noch nie zuvor da gewesenes Ausmaß annimmt, nur noch schlimmer geworden. 

Dafür machte mitunter auch jüngst ein CNN-Beitrag aufmerksam, der mit der unangenehmen Realität der Warenrückgabe vertraut macht: Das exzessive Bestellen im Internet mitsamt der damit unweigerlich einhergehenden, kostenlosen Retour ist alles andere als nachhaltig. Wer noch denkt, zurückgegebene Ware würde einfach ins Regal gelegt und an den nächsten Interessenten weiterverkauft, der liegt falsch.

Was passiert denn mit zurückgegebenen Sachen? 

Tatsächlich werden die allermeisten Artikel nicht einfach zurück ins Sortiment geschleust, sondern müssen einen aufwändigen Prozess der Überprüfung und Wartung durchlaufen, um dann – aller Wahrscheinlichkeit nach – en Masse an Zweit- und Dritthändler versteigert zu werden, die die Sachen wiederum im Ausverkaufsstil aus Wühlkörben, Sale-Regalen oder Ähnlichem heraus verschachern. Zwar muss dies nicht immer der Fall sein, da je nach Kategorie natürlich unterschiedlicher Aufwand betrieben werden muss oder kann, um ein Produkt nach Rückgabe oder Umtausch ein- oder auszusortieren. 

Aber man nehme einmal Gebrauchsgegenstände, Elektrogeräte als Beispiel. Diese kommen meistens in üppigen Einweg-Verpackungen, die nicht eben so einfach wieder zugeklebt werden können, wenn sie zuvor aufgemacht wurden. Damit sich also der/die nächste Kund*in nicht über fransige Kartonkanten oder eingerissene, dann mit Tesafilm-behandelte Ecken wundert, gar aufregt, muss das ganze Produkt entweder teuer neu verpackt, oder eben anderweitig für weniger Geld wieder verkauft werden.

Einige Anbieter haben sich zur Eindämmung dieser Zeit-, Geld- und Energieverluste überlegt, eben entgegen des Trends, keine kostenlosen (Zurück-)Sendungen zu erlauben, so zuletzt der japanische Modekonzern UNIQLO. Was zunächst, auch mit Blick auf Konkurrenten wie Amazon & Co., fast unzeitgemäß wirkt, ist eigentlich sehr zeitgemäß. Natürlich ist es praktisch zu wissen und auch auszunutzen, dass wenn mir etwas nicht gefällt, ich es ohne persönliches Einbüßen wieder an den Absender zurückschicken kann. Problem gelöst. 

Was dadurch aber außerdem freigeschaltet wird, ist die Hemmungslosigkeit: Wer weiß, dass er oder sie alles wieder loswerden kann, bestellt eben doch noch mehr, auch wissentlich, dass mindestens eine Sache wieder wegkommt. Das Auswahlvermögen ist weniger streng, der Warenkorb nicht danach gefiltert, was man wirklich will oder braucht, sondern schlicht nach Sachen, die vielleicht gefallen, vielleicht passen, vielleicht ihr Geld Wert sind – vielleicht aber auch nicht.

Auch diese Phänomene, beziehungsweise die Reaktionen darauf, sind leider Teil eines zweischneidigen Schwertes: Einerseits tut sich das Unternehmen einen Gefallen damit, diese Fahrlässigkeit und die Völlerei im virtuellen Kaufrausch auszubremsen, andererseits tut es sich aber auch einen Abgefallen. Extrakosten sind immer unattraktiv, egal in welchem Kontext, und schrecken eher ab, als dass sie einladen. Und in einer Welt, in der Versandkosten ausgemerzt werden, ist eben selbst dieser einst banale Eurobetrag ein möglicher Dealbreaker.

Obendrauf dann die Tatsache natürlich, dass es auch zahlreiche Kund*innen geben muss, die, egal ob es gefällt oder nicht, die Mühe nicht betreiben, etwas wieder einzutüten und zur Post zu bringen, oder die Fristen dafür verpassen, oder sich von einem Teil überzeugen, das sie letztlich und endlich doch nicht benutzen werden. An solchen Menschen verdient der Händler am Ende auch, und bestimmt nicht wenig, gemessen an der doch allzu oft beobachtbaren Schulterzuck-Attitüde vieler Verbraucher*innen. 

Und allzu oft sind es eben genau diese Schulterzucker*innen, die viel, impulsiv und/oder unaufmerksam einkaufen – umso mehr wenn ihnen keiner mit (Rück-)Liefergebühren um die Ecke kommt. Der nächste in einer Reihe lauter weiterer Teufelskreise entsteht. Und von der zusätzlichen Umweltbelastung durch das ganze Hin und Her im Transport, will ich gar nicht erst anfangen. Egal wie rum man es macht, man macht es falsch – ein Fazit, das Händler und Konsument*innen gleichermaßen zu plagen bedroht, oder eben schon plagt. 

Abwarten, lokal einkaufen, nachhaltig sein!

Allein schon, weil der Frust freudig auf ein Paket zu warten, und dann enttäuscht zu werden, weil die Hose nicht passt, der Schuh eine andere Farbe hat als auf dem Bild zu erkennen war, oder man ja doch schon was super Ähnliches im Schrank hängen hat, so groß und den ökologischen Teilschaden nicht wert ist, ist mein Rat folgender: So lange ihr noch was zum Anziehen im Schrank habt, euch die Kleider nicht wie Lumpen vom Rücken fallen, wartet ab. 

Falls ihr keine Risikogruppe seid und zum Ende des Lockdowns in Geschäfte könnt, wartet ab. Bestellt nur Dinge, von denen ihr wisst, dass ihr sie auch wirklich wollt, nichts Vergleichbares schon habt, und nur von Marken, denen ihr vertraut und deren Maße euch bekannt sind. Für alles andere beißt bitte die Zähne zusammen, irgendwie. Unterstützt wann, wo und wie ihr könnt die physischen Läden – die, die davon noch übrig sein werden.

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